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Danke Ingeborg!
Liebe Newsletter-Leserinnen und -Leser,
das Jahr neigt sich zu Ende und kurz vor dem heiligen Abend erreichte mich noch eine interessante Zuschrift von unserer Leserin Ingeborg B. aus Crailsheim. Diese hat mich derart inspiriert, ich konnte gar nicht anders, als gleich noch heute kurzfristig einen Newsletter zu verfassen. Vielen Dank an dieser Stelle an Frau Ingeborg B.! In Ihren Zeilen steckt ja wie ich finde schon etwas "biblisches" und passt auch von daher ganz gut in einen Weihnachts-Newsletter, aber lesen Sie bitte erst einmal selbst:
Leserbrief von Ingeborg B. aus Crailsheim "Sehr geehrter Herr Brandmaier, Ihr Grundsatz in Ihrer Anlage-Strategie "Schwankungen nicht nutzen, sondern aushalten" findet man auch schon im Alten Testament bei Salomon (13,11): "Hastig errafftes Gut zerrinnt - wer aber ruhig sammelt, bekommt immer mehr". Macht bitte weiter so. Ihnen und Ihrem Team frohe Weihnachten und ein glückliches, gesundes Neues Jahr. Ingeborg B. aus Crailsheim
Hastig errafftes Gut zerrinnt - wer aber ruhig sammelt, bekommt immer mehr. Besser als diese uralte Weisheit aus der Bibel kann man doch unsere Wachstumsstrategie eigentlich gar nicht mehr beschrieben. Es ist doch genau so - kurzfristig handeln und denken an der Börse bringt nichts - wer ständig kurzfristigen Zielen hinterherrennt, der verliert den Blick aufs große Ganze! Vor allem Börsenneulinge werden von vermeintlichen Megachancen angezogen wie nachtaktive Insekten vom knisternden Lagerfeuer. Sie verfallen oft Modetrends, dem Tipp vom Studienkollegen oder hippen Versprechungen von Influencern auf Smartphone-Apps wie TikTok. Das krasse Gegenteil vom planlosen Anleger sind hochintelligente Strategen, die mit ihrer Klugheit Gewinne an der Börse einfahren wollen. Die Erfahrung zeigt aber, dass oft auch die gescheitesten Akademiker, Professoren oder Mathematiker mit ihren Aktien Geld verlieren oder zumindest dem Markt hinterherlaufen. Wie kann das sein? Intelligente Menschen haben eine Schwachstelle: Sie sind einfacher mit Logik zu verführen! In dem sicheren Glauben, dass auch an der Börse der Verstand überlegen ist, wird investiert. Und dann das: Die Aktienkurse machen plötzlich was ganz anderes als gedacht. So erging es auch den Finanzprofessoren und Nobelpreisträgern Myron Scholes und Robert Merton, als sie mit ihrem cleveren Fondskonstrukt LTCM 1998 einen Beinahekollaps des globalen Finanzsystems verursachten.
Börse obsiegt über den Verstand Wie heißt es doch so schön: Der Markt hat immer recht – auch wenn er gegen jegliche Logik verstößt. Schlussendlich entscheidet nicht der Verstand über die Börse, sondern die Börse obsiegt über den Verstand. Im Kampf um die Prozente will das besonders intelligente Gehirn oft nicht einsehen, dass es selbst das Problem ist. Also, was tun? Der Weg zur Lösung beginnt mit Demut! Als Allererstes muss man wissen und dann auch akzeptieren, dass der eigene Verstand keine Chance hat, die unzählig vielen Faktoren, die tagtäglich auf die Börse niederprasseln, zu erfassen – und schon gar nicht kann er sie ausreichend analysieren. Alles, was unser Gehirn uns für Szenarien errechnet und prognostiziert, sind nur einige von unzählig möglichen Szenarien. Was sich so salopp anhört, ist eine der wichtigsten Erkenntnisse für Börsianer überhaupt: sich selber einzugestehen, dass man auch nicht schlauer ist als der Rest!
Kurzfristdenke adieu Mit diesem Wissen (dass man nix weiß) ist man – so seltsam das nun klingen mag – den meisten Anlegern einen Schritt voraus. Statt ständig darüber nachzudenken, was wohl als Nächstes am besten laufen könnte, heißt unser Motto: Kurzfristdenke adieu, wir setzen lieber auf die Kraft der Zeit. Daher gilt alle Energie der Qualitätsauswahl unserer Aktien, in die wir langfristig investieren wollen. Welche Unternehmen werden in zehn oder zwanzig Jahren nicht nur existieren, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch mehr wert sein als heute?
Wer dann in Vier- und Fünf-Diamanten-Aktien investiert ist, muss sich nicht mehr ständig grübelnd fragen: Was wird wohl der neuen Bundesregierung einfallen? Was passiert in China? Ist die Börse schon zu stark gestiegen, stehen wir vor einem Crash? Nicht mehr über das Tagesgeschäft nachzudenken klingt einfach, ist in der Praxis aber extrem schwer. Denn spätestens wenn die Kurse in den Keller rauschen, meldet sich unser Gehirn aufgeregt zurück: „Ich habe doch gleich gesagt, dass das alles ein großer Fehler ist!“
In Schwächephasen zeigt sich, wer ein echter Wachstumsstratege ist. Denn Psychologen haben nachgewiesen, dass Kursrückgänge deutlich stärker wehtun, als Kursanstiege erfreuen. Unser Gehirn gewichtet Gewinne und Verluste also nicht gleich, der Nutzen von Gewinnen wird von unserem Denkapparat deutlich weniger „belohnt“. Auf der anderen Seite bedeuten schon kleine Verluste einen vergleichsweise hohen Grad an Stress. So entstehen Emotionen. Und alte Börsenhasen wissen: Kurzfristig regieren an der Börse die Emotionen, nicht die Fakten. Gefühle wie Angst und Gier befeuern das Gehirn natürlich viel unmittelbarer als langweilige Fakten über Unternehmen. Nicht umsonst hat sich eine ganze Horde von Börsenexperten und Kommentatoren gebildet, die regelmäßig versuchen, die Tagesschwankungen zu erklären und zu dramatisieren. Was wiederum dazu führt, dass uns unser Gehirn ständig sagt, dass wir jetzt unbedingt was tun müssen – und uns damit zu Fehlern hinreißt. |